Genia Nobel, geborene Schmerling: Sozialdemokratin und Kommunistin
13. Dezember 1912 in Moskau bis 7. August 1999 in Berlin
Genia Schmerling stammte aus einer vermögenden russisch-jüdischen Unternehmerfamilie. Ihr Vater war Chemiker. Nach der Oktoberrevolution 1917 verließ die Familie Moskau und siedelte nach Berlin um. Mit 19 Jahren trat Genia der SPD bei und begann 1931 ein Jura-Studium an der Berliner Universität, wo sie während der bereits beginnenden Auseinandersetzungen mit den Nazis ihren ebenfalls jüdischen zukünftigen Ehemann Günter Nobel (1913-2007) kennenlernte. Zusammen traten sie 1932 der Sozialistischen Arbeiterpartei bei, 1933 der KPD. Nach der Machtübertragung an die Nazis mussten beide ihr Studium abbrechen. Um den Lebensunterhalt zu sichern, arbeitete Genia als Sekretärin. Zusammen mit Günter war sie ab 1933 im Widerstand für die KPD in Charlottenburg aktiv und beteiligte sich an der Herstellung und Verbreitung der illegalen KPD-Zeitung Rote Fahne. Bereits im Februar 1934 erstmals verhaftet, wurde sie nach drei Wochen wegen Mangel an Beweisen entlassen.
Im Juli 1936 wurde Genia zusammen mit Günter in ihrer Wohnung in Wilmersdorf erneut verhaftet. Die Untersuchungshaft bis zum Dezember 1937 verbrachte sie im Frauengefängnis Barnimstraße. Auch hier hatte sie Kontakte zu anderen Widerständigen. Es war ihr gelungen, größere Mengen Papier ins Gefängnis zu schmuggeln und verfasste einen Bericht über die Wichtigkeit des Widerstands, den sie an andere weitergab. Wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde Genia wie ihr Mann zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie in den Frauenhaftanstalten Lübeck und Jauer (Polen) verbringen musste. Im Sommer 1939 entlassen, emigrierte Genia umgehend zusammen mit Günter nach Shanghai und überlebte dort während der Besatzung durch Japan in einem Ghetto. Auch hier hatten sie Kontakte zu politisch Verfolgten. Genia arbeitete als Übersetzerin und Redakteurin für die sowjetische Nachrichtenagentur TASS. 1947 kehrten Günter und Genia nach Berlin zurück, wo Genia in der Presseabteilung des Zentralkomitee der SED arbeitete, als Leiterin des Presseamts des Berliner Magistrats sowie als Abteilungsleiterin bei der Tageszeitung Neues Deutschland und von 1951 bis 1979 als Redakteurin bei der Zeitschrift Einheit. Von 1969 bis 1971 lebte sie mit Günter in Stockholm. 1980 ging Genia in Rente.
- Archiv d. BVVdN, Nr. 661, 746d, I/69 (Interview), Kartei
- Claudia von Gélieu: Barnimstraße. Das Berliner Frauengefängnis 1868–1974
- https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/eugenie-nobel/?no_cache=1
- Genia und Günter Nobel: Als politische Emigranten in Shanghai. In: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung
- Foto aus: Archiv d. VVN-BdA