Gerda Vera Lissack

25. Mai 1904 in Berlin, 21. Januar 1942 in Ravensbrück

Jüdin, Grafikerin und Zeichnerin

Gerda Vera Lissack wurde in Berlin als Tochter des jüdischen Zahnarztes Arthur und dessen Ehefrau Ida geboren. In Berlin besuchte sie das Gymnasium und eine Privatschule. Sie trug eine Beinprothese und ging hinkend. Ab Juni 1933 ließ sie sich im belgischen Antwerpen an der Akademie der Künste zur Zeichnerin ausbilden. Ende 1934 kehrte sie nach Berlin zurück und engagierte sich für die KPD im Widerstand, der sie 1932 beigetreten war. Sie fertigte Zeichnungen für Flugblätter an und druckte diese auf ihrer Druckerpresse, auch zusammen mit anderen Jüdinnen. Zeitweise nannte sie sich zur Tarnung Vera List.
Ende 1936 wurde Lissack verhaftet und im „Judensaal“ des niedersächsischen Frauenkonzentrationslagers Moringen festgehalten. Auch dort war sie widerständig tätig, wie andere Häftlinge später aussagten, und fertigte Zeichnungen der mit ihr gefangenen Frauen an. Nur eine ist erhalten geblieben, es zeigt die bayerische Abgeordnete und Widerstandskämpferin Dora Hösl.
Im Juni 1937 wurde Lissack in das Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin überstellt und im Juni 1938 mit zehn weiteren Angeklagten wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Wann sie ins brandenburgische Frauen-KZ Ravensbrück deportiert wurde, ist bisher unbekannt. Dort wurde sie vermutlich im Rahmen der sogenannten Aktion T4 ermordet, bei der mehr als 70 000 Menschen aufgrund ihrer psychischen Krankheit sowie körperlichen oder geistigen Behinderung in sechs Tötungsanstalten in Deutschland und Österreich vergast wurden.

Die Porträtzeichnungen gingen eine Weile ohne Probleme. Wir konnten nicht erklären, warum es auf einmal schien, als würden unsere Türen jeden Moment aufgerissen, bis uns eines Tages Frau Hobrecht anblaffte: „Wer zeichnet die Frauen hier drin?” „Das bin ich“, antwortete Vera List. „Ich glaube nicht, dass ich gegen Regeln verstoße.“ „Ob Regeln gebrochen werden oder nicht, entscheiden wir und nicht du. Wie sind diese Zeichnungen entstanden?“ Vera blieb ruhig: „Ich habe die Frauen während des Hofgangs draußen gezeichnet.“ „Ich glaube dir nicht. In der Freistunde sehe ich dich kaum, und außerdem kannst du wegen deinem Bein nicht richtig laufen.“ Dieser Hinweis auf ihre Behinderung traf Vera. „Da ist eine Bank im Hof“, entgegnete sie. Die Matrone verließ uns wütend, ohne ein weiteres Wort zu sagen. Am nächsten Tag war die Bank entfernt worden.

Gabriele Herz, eine Mitgefangene

Gedenken

  • Arolsen Archive
  • Heinrich-Wilhelm Wöhrmann: Widerstand in Schöneberg und Tempelhof. Berlin 2002
  • Gabriele Herz: Das Frauenlager von Moringen – Schicksale in früher Nazi-Zeit, S. 142–143, Hrsg. von Jane Caplan, Berlin 2009.
  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945
  • Ursula Krause-Schmitt: Die wiedergefundene Zeichnung – Dora Hösl, gezeichnet von Gerda Lissack. Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945, Informationen Nr. 52
  • https:/yvng.yadvashem.org/nameDetails.html?language=de&itemId=11581526&ind=1
  • Sarah Helm: If This Is A Woman – Inside Ravensbruck: Hitler’s Concentration Camp for Women. Verlag Abacus, 2016