Gertrud Skubich, geb. Schrickel
24. September 1902 in Thüringen – 2. Februar 1993 in Berlin-Steglitz
Köchin und Näherin, Sozialdemokratin
Die gebürtige Thüringerin Gertrud Skubich stammte aus einer sozialdemokratischen Künstlerfamilie und hatte 8 Geschwister. Nach dem Besuch der Gemeindeschule in Erfurt und Frauenwald war sie zunächst im Haushalt der Familie tätig, bis sie in der Gemeindeverwaltung arbeitete. Anschließend machte sie eine Lehre zur Köchin und arbeitete in dem Beruf. Später war sie als Näherin tätig. 1920 trat sie in die SPD ein und heiratete 1928 erstmals. Die Ehe wurde 1934 geschieden. 1935 heiratete sie in zweiter Ehe den sozialdemokratischen Kommunalpolitiker Wilhelm Skubich, und lebte mit ihm und ihrer Tochter Gertrud Krause aus erster Ehe in Steglitz in der Lauenburger Str. 107. Die Skubichs trafen sich mit Nazi-Gegner:innen und halfen Verfolgten

Der engste Freundeskreis, der bestand dann, das ist der spätere erste Generalstaatsanwalt Melzheimer gewesen, der war hier am Gericht tätig gewesen, dann eine Familie Freier, Seitz, also so verschiedene Familien, die immer eng zusammengehalten haben in der Nazi—Zeit. Es war ein schöner Kreis, der die Verbindung aufrecht erhalten hat.
Gertrud Skubich 1979 in einem Zeitzeuginnengespräch
Als der Thüringer SPD-Reichstagsabgeordnete Paul Voigt 1944 untertauchen musste, versteckten sie ihn auch mit Hilfe von Gertruds Tochter in ihrer Laube und versorgten ihn mit Lebensmitteln. Voigt wurde denunziert, verhaftet und ermordet, auch die Skubichs wurden im August 1944 in Thüringen festgenommen, ebenso Gertruds, Mutter, Schwester und Neffe. Ohne Haftbeschluss wurde sie im Gefängnis in Gotha festgehalten, verhört und gefoltert. Auch ihre Tochter wurde kurz darauf in Gotha inhaftiert. Es kam nicht mehr zum Prozess wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“, da Gertrud und ihre Tochter im Frühjahr 1945 von US-Soldaten aus dem Gefängnis befreit wurden, auch Wilhelm überlebte.
Politisches Engagement nach 1945
In der Haft hatte Gertrud erlebt, dass die Nazis keinen Unterschied zwischen Sozialdemokrat:innen und Kommunist:innen machten und schlussfolgerte daraus, dass die Spaltung der Arbeiter:innenbewegung überwunden werden müsse. Sie engagierte sich nach der Befreiung 1945 im Steglitzer antifaschistischen Frauenausschuss und später im Demokratischen Frauenbund. Ihr Engagement galt insbesondere den Kindern.
In Frauenausschuss waren die Parteien: die CDU, die Liberaldemokratische Partei, die SPD, und die Kommunisten. Und ich war als Mitglied der SPD im Frauenausschuss. Dieser hatte sich gegründet in Folge der Not, die hatten alle die schwere Zeit und die Not mitgemacht und wollten alle helfen. Und ich muß sagen, das war eine ganz wundervolle Zusammenarbeit mit allen Parteien, auch mit den bürgerlichen. (…) Ja, das lag mir immer schon. Aug meinen Elternhaus bin ich das immer so gewohnt, da haben wir immer schon geholfen, trotzdem wir selbst Not hatten. Aber was mich 45 am meisten erschüttert hat, wo ich zurückkam, da sind die hilf logen Kinder gewesen in der Villa Grunewald—Ecke Schloßtraße Da wussten die Kinder noch nicht einmal ihre Namen. Die waren auf Straßen aufgelegene Auf den Flüchtlingstransporten gingen die Verloren. Diese unschuldigen Kinder 9 dieser Anblick, das werde ich nicht vergessen. Und dann die alten Menschen, die sich nicht mehr helfen konnten. Das war soerschütternd in diesen Jahren. (…) Wir sind zu allen gegangen. Wir haben Kohlen geschleppt und alles mögliche.



Sie stimmte 1946 für den Zusammenschluss von SPD und KPD und trat der SED bei. Dadurch wurde den Skubichs die Anerkennung als „Opfer des Faschismus“ entzogen und somit auch Haftentschädigung. Wilhelm wurde 1949 als Angestellter des Bezirks fristlos entlassen. 1963 war sie Kandidatin der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins (SEW) zu den Abgeordnetenhauswahlen. Bis zu ihrem Lebensende engagierte sich Gertrud Skubich als Zeitzeugin für die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten, auch in Steglitz. 1990 hielt sie ein Referat über Frauen im Widerstand in der Galerie Olga Benario.
Erinnern und Gedenken
- Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Steglitz und Zehlendorf. Bd. 2 der Schriftenreihe über den Widerstand in Berlin von 1933 bis 1945. Berlin 1986
- BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945.
- Steglitz. Naziterror und Widerstand. Hrsg.: Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Westberlin, Verband der Antifaschisten VVN-VdA. Berlin 1985
- Zeitzeuginneninterview mit Gertrud Skubich 1979. Archiv der ehemaligen VVN Westberlin
- Fotos: Archiv der ehemaligen VVN Westberlin (VVN-VdA)