Hilde Radusch

6. November 1903 in Alt-Damm (heute Polen) – 2. August 1994 in Berlin

Kommunistische Politikerin, Gewerkschafterin, später Sozialdemokratin und aktiv in der neuen Frauen und Lesbenbewegung

Hilde Radusch schloss sich bereits während ihrer Ausbildung zur Kinderhortnerin der kommunistischen Bewegung an und war an der Gründung des Roten Frauen- und Mädchenbunds (RFMB) beteiligt, einer eigenständigen Frauensektion des Roten Frontkämpferbundes (RFB). Ab 1923 arbeitete sie als Telefonistin im Fernmeldeamt in der Winterfeldstraße. 1929 wurde Radusch Stadtverordnete. Die Nazis inhaftierten sie daher 1933 für fünf Monate im Frauengefängnis Barnimstraße. 1939 lernte sie ihre Lebensgefährtin Else „Eddy“ Klopsch (?- 1960) kennen, mit der sie 1941 den Mittagstisch „Lothringer Küche“ für verfolgte Jüdinnen und Juden sowie ausländische Zwangsarbeitende gründete. 2 Monate beherbergten beide die illegal lebende Erna Hackbarth. 1944 drohte ihnen im Rahmen der „Aktion Gitter“ die Verhaftung, der sie durch die Warnung einer Polizistin entgehen konnten.  Radusch und Klopsch tauchten in einer Gartenlaube im brandenburgischen Prieros unter, wo sie halb verhungert bis zur Befreiung überlebten. Radusch engagierte sich wieder in der KPD und arbeitete in der Abteilung „Opfer des Faschismus“ des Bezirksamts Schöneberg. Noch im Jahr 1946 schloss die KPD sie als lesbische Frau aus der Partei aus. Das war ein harter Schlag, nachdem sie als politisch Verfolgte fast ihr Leben verloren hatte. 1948 trat Radusch in die SPD ein und führte mit Klopsch bis zu deren Tod 1960 einen Trödelladen. Seit den 1970er Jahren engagierte sie sich in der Neuen Frauenbewegung als Mitbegründerin von L74, einer Berliner Gruppe älterer Lesben, und 1978 des Frauenforschungs-, bildungs- und Informationszentrums (FFBIZ). 1994 starb Radusch, bis zuletzt umsorgt von Freundinnen.

Hilde Radusch. Foto: FFBIZ

Gedenken

Seit 2012 erinnert an ihrem letzten Wohnort in der Eisenacher Straße/Winterfeldtstraße ein Gedenkort in Form von drei Gedenkstelen und einer Bank als Sitzmöglichkeit an Hilde Radusch. Initiiert wurde der Gedenkort von Miss Marples Schwestern.

Seit 2016 ist ihr Grab auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Schöneberg ein Ehrengrab der Stadt Berlin.

Emailletafel für Hilde Radusch. Foto: Trille Schünke
Grab von Hilde Radusch auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof, Foto Wolfgang Schindler, CC BY-SA 4.0 Deed
  • Claudia Schoppmann: Zeit der Maskierung. Lebensgeschichten lesbischer Frauen im „Dritten Reich“. Orlanda Frauenverlag, Berlin, 1993
  • Silke Schneider: Hilde Radusch (1903–1994). In: Siegfried Mielke (Hrsg.): Gewerkschafterinnen im NS-Staat, biografisches Handbuch, Bd. 2. Berlin 2022
  • Claudia von Gélieu: Frauen in Haft. Gefängnis Barnimstraße. Eine Justizgeschichte. Berlin 1994
  • Claudia von Gélieu: Barnimstraße 10. Das Berliner Frauengefängnis 1868–1974. Berlin 2014
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Friedrichshain und Lichtenberg. Berlin 1998
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Prenzlauer Berg und Weißensee. Berlin 2000.
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Mitte und Tiergarten. Berlin 19944.
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Spandau. Berlin 1988.
  • Verein Aktives Museum (Hrsg.): Vor die Tür gesetzt. Im Nationalsozialismus verfolgte Berliner Stadtverordnete und Magistratsmitglieder 1933-1945. Berlin 2006.
  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945 (Digital)
  • Digitales Deutsches Frauenarchiv: Hilde Radusch
  • Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft: Hilde Radusch
  • Ilona Scheidle: Geschichtspolitik und Hilde Radusch
  • Lesbengeschichte: Hilde Radusch
  • Hermann Weber/Andreas Herbst: Biografische Datenbank: Hilde Radusch