Ilse Stöbe

Journalistin, aktiv für den sowjetischen Geheimdienst

17. Mai 1911 in Berlin-Lichtenberg – 22. Dezember 1942 in Berlin-Plötzensee

Ilse Frieda Gertrud Stöbe wurde am 17. Mai 1911 in der Mainzer Straße in Lichtenberg in eine Arbeiterfamilie geboren. Ihr Vater Max war Tischler, ihre Mutter Frieda Stöbe, geb. Schumann Näherin. Sie hatte einen acht Jahre älteren Halbbruder, Kurt Müller.

Ilse wuchs in Friedrichshain auf, besuchte hier die Volksschule und arbeitete nach der Ausbildung an der Handelsschule im Mosse Verlag, anschließend als Sekretärin für Chefredakteur Theodor Wolff beim „Berliner Tageblatt“. Er förderte ihr journalistisches Talent.

Etwa 1928 lernte sie den kommunistischen Redakteur Rudolf Herrnstadt kennen und wurde durch ihn in die Arbeit für den sowjetischen Geheimdienst einbezogen. Ab 1934 war sie in Warschau als Vertretung der Schweizer Zeitungen. Im gleichen Jahr erschienen ihre ersten Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung. In Warschau lernte sie den Diplomaten Rudolf von Scheliha kennen, mit dem sie fortan ein enges Vertrauensverhältnis verband; und 1938 den Journalisten Carl Helfrich, ihren zukünftigen Lebensgefährten.

Nach der Rückkehr nach Berlin im Herbst 1939 arbeitete Ilse in der Informationsabteilung des Auswärtigen Amts und traf hier Rudolf von Scheliha und Carl Helfrichs wieder. Zusammen sammelten sie geheime Informationen, die Ilse an den Sowjetischen Geheimdienst übermittelte. Unter dem Decknamen „Alta“ versuchte sie im Frühjahr 1941 vergeblich, Moskau vor dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion zu warnen.

Obwohl Ilse Stöbe kein Mitglied der Roten Kapelle war, wurde auch sie nach deren Aufdeckung im September 1942 verhaftet und im Dezember vom „Reichskriegsgericht“ wegen „Landesverrat“ zum Tod verurteilt. Kurz nach der Urteilsverkündung, am 22. Dezember 1942, wurde Ilse Stöbe in der NS-Hinrichtungsstätte Plötzensee mit dem Fallbeil ermordet.

Auch ihre Mutter Frieda (?-1944) und ihr Bruder Kurt waren im Widerstand und überlebten die NS-Zeit nicht. Frieda wurde verhaftet und ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück gebracht, wo sie 1944 starb. Kurt wurde im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Widerstandsgruppe Europäische Union im September 1943 verhaftet und 1944 in Brandenburg-Görden hingerichtet.

Nun danke ich Dir, Mutti, für die Durchführung meiner letzten Wünsche. Trauert nicht um mich – in solchen Fällen trauert man nicht – und tragt keine schwarzen Kleider. Bitte! Wenn ich noch ein letztes raten darf: Hebt, wenn Ihr ein gutes Wort für den anderen wisst, es nicht auf. Sagt es sofort, tut Euch Liebes, Ihr könnt ja nicht wissen, ob Ihr noch einmal dazu kommt. Es muss schlimm sein, in der letzten Stunde das Gefühl haben zu müssen, jemandem Gutsein schuldig geblieben zu sein. Ich habe es nicht und bin froh darüber. Meine letzten Grüße gelten allen denen, die mir über den Tod hinaus ein gutes Andenken bewahren. Ich kann nicht jedem Einzelnen Adieu sagen, tue es für mich (…) die Aufzählung würde zu lang. Entscheide es selbst, denn ich denke an Alle gut und trage niemandem etwas nach.

Ilse Stöbe in ihrem Abschiedsbrief an ihre Mutter Frieda

Gedenken

Gedenktafel an der Ringmauer der Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde. Seit 2021 liegt ein Stolperstein vor dem ehemaligen Sitz des Auswärtigen Amts.

  • Luise Kraushaar: Deutsche Widerstandskämpfer Bd. 2
  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945
  • Hans Coppi, Sabine Kebir: Ilse Stöbe: Wieder im Amt
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Mitte und Tiergarten
  • Foto: Wiki Commons, CC BY-SA 3.0