Schauspielerin, Journalistin, Tochter der Widerstandskämpferin Ruth Andreas-Friedrich
18. Februar 1925 in Marburg – 27. November 2015 in Gauting
Geboren in Marburg an der Lahn, lebte Karin Friedrich nach der Scheidung ihrer Eltern 1930 zusammen mit ihrer Mutter Ruth Andreas-Friedrich in Steglitz und besuchte die Volksschule. Ihr Vater war Otto A. Friedrich, nach 1945 Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, ab 1941 NSDAP-Mitglied und in leitender Funktion in einem wichtigen Rüstungsbetrieb. 1943 machte Karin ihr Abitur und nahm bis 1945 Schauspielunterricht bei Walter Franck.
Ihre Mutter, die Journalistin Ruth Andreas-Friedrich, die bereits 1931 mit Abscheu Adolf Hitlers „Mein Kampf“ las, engagierte sich nach der Machtübertragung an die Nazis zusammen mit ihrem Lebensgefährten Leo Borchard im Widerstand gegen das NS-Regime und unterstützte verfolgte Jüdinnen und Juden aus ihrem Freundeskreis.
1938 begründete sie in der Folge der zunehmenden rechtlichen und gesellschaftlichen Entrechtung und Demütigung von Juden nach den Novemberpogromen die Widerstandsgruppe Onkel Emil, benannt nach ihrem Warnruf. Die Gruppe half Jüdinnen und Juden, versteckte sie und versorgte sie mit Lebensmitteln, half ihnen bei der Flucht ins Ausland.
Karin Friedrich 1946im Hebbel-Theater
Schon als Neunjährige wurde Karin Friedrich von ihrer Mutter über die Verbrechen der Nazis aufgeklärt, mit 15 gehörte sie Onkel Emil an, besorgte mit gefälschten Papieren Essensmarken und versteckte Juden, auch bei sich zuhause. Und sie verbreitete die Flugblätter der Münchener Widerstandsgruppe Weiße Rose um Hans und Sophie Scholl in Berlin.
Auch an ihrem 18. Geburtstag am 18. Februar 1943 verbreitete Karin Schriften der Weißen Rose, als die Verhaftung von Hans und Sophie Scholl bekannt wurde. Von deren Hinrichtung wenige Tage später war sie so erschüttert, dass sie schwor, die Geschwister Scholl und ihre Freund*innen nie zu vergessen.
Karin Friedrich war bis zum Ende des Nazi-Regimes im Widerstand aktiv. Von 1944 bis 1945 versteckte sie auch die Jüdin Rita Neumann in ihrer Wohnung. Aufgedeckt wurde sie dabei nie.
Nach dem Ende des Krieges war Karin Friedrich als Schauspielerin am Hebbel-Theater in Berlin tätig, bevor sie 1950 nach München zog. Von 1953 bis 1992 arbeitete sie als Redakteurin für die Süddeutsche Zeitung. Sie engagierte sich als Zeitzeugin, in der Weiße Rose Stiftung und für Pro Asyl. Bis zu ihrem Tod 2015 warnte sie immer wieder vor dem Erstarken rechter Tendenzen.
Erinnerung
2004 wurde Karin Friedrich als Gerechte unter den Völkern geehrt. In Berlin-Marzahn erinnert auch eine Stele an sie.
An ihrem ehemaligen Wohnhaus in Berlin-Steglitz erinnert eine Gedenktafel an Leo Borchard und Ruth Andreas-Friedrich, auf der Karin nicht erwähnt wird.
- Karin Friedrich: Zeitfunken. Biographie einer Familie.
- Ruth Andreas-Friedrich: Der Schattenmann
- Wolfgang Benz: Protest und Menschlichkeit. Die Widerstandsgruppe „Onkel Emil“ im Nationalsozialismus.
- Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Steglitz und Zehlendorf
- BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945
- Karin Friedrich in der Datenbank von Vad Yashem
- Christian Krügel: Karin Friedrich: Stimme für die Benachteiligten
- Helmut Zeller: Berliner Widerstandsgruppe „Onkel Emil“: Vom aufrechten Gang
- Fotos von Karin Friedrich: Abraham Pisarek. Deutsche Fotothek. CC BY-SA 3.0 DE