Mathilde Jacob

„Marthel“ Jacob: Jüdin, Sozialistin, Sekretärin, enge Vertraute von Rosa Luxemburg

8. März 1873 in Berlin – 14. April 1943 in Theresienstadt

Mathilde Jacob wurde in Berlin als Tochter des jüdischen Schlachtwarenhändlers Julius Jacob und seiner Frau Emilie Jacob, geb. Bernhard, geboren und hatte sieben jüngere Geschwister. Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt.

Ab 1907 besaß Mathilde ein Büro für Schreibarbeiten und Übersetzungen. Viele Sozialdemokrati*innen gehörten zu ihrer Kundschaft, ab 1913 auch Franz Mehring und Rosa Luxemburg. Schnell entwickelte sich ein enges, freundschaftliches Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Frauen.

Mathilde, zutiefst beeindruckt von der antimilitaristischen Einstellung Rosas, betreute sie während der Inhaftierung und nahm ihre Katze Mimi bei sich auf. Mehrfach schmuggelte sie Briefe und illegale Schriften zu Rosa ins Zuchthaus und wieder heraus. Bekannt war Mathilde auch mit Clara Zetkin. Auch ihre jüngeren Schwester Margarete (1882-1943) war mit Rosa Luxemburg bekannt.

Nach Rosas Entlassung im November 1918 stand ihr Mathilde als loyale Unterstützerin zur Seite, auch beim Gründungskongress der KPD. Als Rosa Luxemburg im Januar verhaftet wurde, wurde auch Mathilde verhaftet, während der Ermodrung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs war Mathilde noch inhaftiert. Nachdem Rosas Leiche  später aus dem Landwehrkanal geborgen wurde, musste Mathilde sie identifizieren. Später verwaltete Mathilde Rosas Nachlass. Nach der Ermordung von Leo Jogiches, Mitbegründer der KPD und ehemaliger Lebensgefährte von Rosa, im März 1919 lag die Verantwortung für die Finanzen der KPD bei Mathilde.

Unterschwellig hielten alle zusammen. Auch das alte SPD-Lokal Wildenbruch-/Ecke Schandauer Straße strömte weiterhin Einfluss aus. Aber wir waren eine andere Clique, nicht wie die [SPD-] Rechten.

Elsa Winguth, Mathildes langjährige Weggefährtin, über ihre Gruppe

1921 zog sie nach Moabit und arbeitete als Sekretärin für Paul Levi, 1919 Mitbegründer der KPD und Rechtsanwalt von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Als Levi wegen politischer Meinungsverschiedenheiten 1921 aus der KPD ausgeschlossen wurde, gründete Mathilde mit ihm die Kommunistische Arbeitsgemeinschaft (KAG) und trat dann der SPD wieder bei.

Nach Levis Tod 1930 zog sich Mathilde aus der Politik zurück, hatte aber ab 1933 Kontakte zu sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Widerstandskreisen, unter anderem zu Max Urich (1890-1968) sowie Elsa (1894-?) und Fritz Winguth (1892–1948), mit denen Mathilde bereits aus gemeinsamen Zeiten im Spartakusbund bekannt war.

Auch Mathildes Bruder Walter (1882-1952) war ab 1933 im Widerstand für die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) aktiv. Sein Geschäft in Moabit war Poststelle für Flugblätter. Mathildes jüngere Schwester Klara (1879-1950) war mit dem sozialdemokratischen Gewekschafter und ehemaligen Stadtverordneten für Tiergarten Karl Bublitz (1882-1945) verheiratet, der ebenfalls ab 1933 im Widerstand aktiv war und von den Nazis nicht nur wegen seiner politischen Einstellung gehasst wurde, sondern vor allem auch, weil er zu seiner jüdischen Frau und deren Familie hielt.

Mathilde litt unter der gesellschaftlichen und rechtlichen Ausgrenzung von Jüdinnen und Juden. Nur mit einer kleinen Rente und gelegentlichen Schreibarbeiten konnte sie sich über Wasser halten. 1939 gelang es ihr, einen wichtigen Teil des Nachlasses von Rosa Luxemburg in die USA bringen zu lassen. Den Rest bewahrte das Ehepaar Winguth auf. Ebenfalls 1939 versuchte sie zusammen mit ihrem Bruder Walter zu emigrieren – was ihr nicht gelang.

Ende Juli 1942 wurde Mathilde mit dem 30. Alterstransport in das Ghettto Theresienstadt deportiert und starb dort am 14. April 1943 mit 70 Jahren. Auch ihre Schwester Margarete erlebte das Kriegsende nicht. Das Grab der Familie Jacob befindet sich auf dem jüdischen Friedhof Weißensee. Ein Gedenkstein ist auch den nicht hier bestatteten Familienmitgliedern gewidmet.

 

Mathilde Jacob (links) mit ihrer Mutter und ihren Schwestern

Erinnerung

  • Mathilde-Jacob-Platz vor dem Rathaus Tiergarten in Berlin-Tiergarten 1997
  • Gedenkstele von Ingeborg Hunzinger 1996 vor dem Gebäude der Tageszeitung Neues Deutschland (ND) in Friedrichshain (nicht aufgestellt)
  • 2011 wurde ein Stolperstein für Mathilde Jacob im Berliner Hansaviertel verlegt
  • Gedenktafel am Rathaus Tiergarten (nach Sanierungsarbeiten verschwunden, wird ersetzt.)
Stolperstein von Mathilde Jacob
Gedenktafel am Mathilde-Jacob-Platz
Skulptur am Franz-Mehring-Platz in Berlin-Friedrichshain: links Karl Liebknecht, vorne Rosa Luxemburg, rechts Mathilde Jacob