Ottilie "Taube" Pohl, geb. Levit

Jüdin, Sozialistin, aktiv in der Roten Hilfe Moabit

14. November 1867 in Schönwalde/Brandenburg – 2. Dezember 1943 in Theresienstadt

Die jüdische Putzmacherin Ottilie „Taube“ Levit wurde am 14. November 1867 in Schönwalde/Brandenburg als zweitältestes Kind von insgesamt 7 Kindern geboren. Nach dem Tod ihrer Mutter 1885 zog der Vater mit den Kindern nach Mitte. Taube (ihr jüdischer Name) Levit trat 1890 in den Arbeiterbildungsverein für Frauen und Mädchen ein. 1893 heiratete sie den Fabrikarbeiter Wilhelm Pohl und bekam mit ihm zwei Söhne und eine Tochter. Nachdem es Frauen erlaubt war, sich in Parteien zu engagieren, trat sie 1908  in die SPD ein. Seit 1915 war sie Witwe und allein für den Unterhalt der Familie zuständig. Während des Ersten Weltkrieges engagierte sie sich gegen den Krieg und verbreitete Briefe für den Spartakusbund.

1917 trat sie aus Protest gegen die Parteipolitik der SPD in die USPD über. Für die USPD wurde sie 1919/1920 zur Stadtverordneten gewählt. Später  engagierte sich in der Roten Hilfe und war Mitglied im Aufsichtsrat der Konsumgenossenschaft. Bis 1924 arbeitete sie als Bürogehilfin beim Berliner Magistrat, anschließend war sie arbeitslos, bis sie in den 1930er Jahren ein Hutgeschäft eröffnete.

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten engagierte sich die überzeugte Nazigegnerin in einem Kreis von Moabiter Frauen in der Roten Hilfe. Die Rote Hilfe war eine 1924 für in Not geratenen Arbeiter*innen gegründete KPD-nahe Solidaritätsorganisation. Bis 1933 stand u.a. die Vertretung in
Gerichtsprozessen im Vordergrund.

Wöchentlich trafen sich die Frauen zu „ach so politischen Kaffeekränzchen“ meist bei Rosa Lindemann. Während dieser Kaffeekränzchen gaben sie geheime Informationen und Aufträge untereinander weiter, organisierten die illegale Arbeit in den Betrieben. Und das gesammelte Geld, welches sie in der Umgebung bei Anwohnenden und Geschäftsinhabenden sammelten.

Einige unserer Frauen halfen den Männern, deren Frauen verhaftet waren, in der Wirtschaft und betreuten die Kinder. Wir hatten über dreißig Familien erfaßt und konnten manchs Leid lindern. Es war für uns eine besondere Freude zu hören, wie froh unsrere Genossen in den Gefängnissen und Zuchthäusern darüber waren, daß wir uns um ihre Angehörigen kümmerten und sie umsorgten.

Rosa Lindemann

Ottilie Pohl verbarg trotz großer eigener Gefährdung mehrfach illegal lebende in ihrer Wohnung in der Beusselstraße und verschaffte dem illegal zurückgekehrten kommunistischen Funktionär Rudolf Hallmeyer bei ihrer Freundin Martha König.

Nach der Verhaftung Hallmeyers wurde auch Pohl 1940 festgenommen, „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens” angeklagt und im Mai 1941 wegen Begünstigung zu acht Monaten Gefängnis verurteilt, die bereits durch die lange Untersuchungshaft im Frauengefängnis Kantstraße abgegolten waren. Nach ihrer Entlassung setzte sie ihre Arbeit im Moabiter Kreis fort. Am 20. November 1942 wurde Ottilie Pohl vermutlich vom Anhalter Bahnhof in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Dort starb sie ein Jahr später am 2. Dezember 1943 an den Folgen der Haft.

Erinnerung

Von 1989 bis etwa 2017 erinnerte eine Gedenktafel an ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Beusselstraße 43 an sie. In Tiergarten ist eine Straße nach ihr benannt.

  • Aktives Museum: Vor die Tür gesetzt. Im Nationalsozialismus verfolgte Berliner Stadtverordnete und Magistratsmitglieder. Berlin 2006
  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945 (Digital)
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Mitte und Tiergarten. Berlin 2000
  • Luise Kraushaar (Hrsg.): Deutsche Widerstandskämpfer 1933–1945. Biographien und Briefe. Ost-Berlin 1970

  • Zeitzeuginnenbericht: Rosa Lindemann: Moabiter im illegalen Kampf (1958)

  • Ottilie Pohl in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand.
  • Bild: CC BY-SA 3.0