Sophie Sieg

Sophie Sieg, geb. Wloszcynski: Kommunistin, Gewerkschafterin, in der Roten Hilfe

Sophie Wloszcynski wurde am 14. Mai 1893 in Flatow (damaliges Westpreußen) geboren. Sie hatte sieben Geschwister. Ihr Vater Felician war Böttchermeister. Der Beruf ihrer Mutter Marianna ist unbekannt. Sophie wuchs in Flatow auf und besuchte dort von 1899-1908 die Bürgerschule und das Gymnasium, bis 1910 die Handelsschule. Anschließend arbeitete sie kurzzeitig als Stenotypistin in einer Anwaltskanzlei in Flatow.

1911 zog Sophie nach Berlin und arbeitete bis 1923 mit kurzen Unterbrechungen bei dem jüdischen Rechtsanwalt und Notar Harri Wolff. 1923 lernte sie John Sieg über dessen Mutter Marie kennen, die gerade zu Besuch bei ihrem Sohn war, um ihn zurück in die USA zu holen. Sie bot Sophie einen Job als Haushälterin an. Kurz darauf gingen sie zu dritt in die USA. Hier arbeitete Sophie von 1924 bis 1927 als Sekretärin bei dem Dirigenten des Detroiter Orchesters.

Durch die Beobachtung der sozialen Not in Detroit im Zuge der sich anbahnenden Weltwirtschaftskrise wurde Sophies politisches Bewusstsein geprägt. Nach ihrer Rückkehr nach Berlin 1928 per Schiff über Hamburg engagierte sich Sophie in der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH), und der Roten Hilfe Deutschland (RHD), Solidaritätsorganisationen für die Unterstützung von Arbeiter*innen. 1930 trat sie zusammen mit John der KPD bei. Sie arbeitete wieder in Wolffs Rechtsanwaltskanzlei, bis er sie 1938 aufgrund der deutschen „Rassengesetze“ und seiner jüdischen Herkunft aufgeben musste. Anschließend arbeitete Sophie in einem Betrieb in Charlottenburg.

Widerstandstätigkeiten

Bis 1933 lebten die Siegs, die 1928 geheiratet hatten, in Reinickendorf. Gleich nach der Machtübertragung engagierten sie sich im Widerstand gegen die Nazis. John wurde kurz darauf erstmals verhaftet, woraufhin sie 1933 nach Neukölln zogen. John erhielt aufgrund seiner Haftstrafe keine Arbeit und intensivierte seine Widerstandstätigkeiten. Sophie unterstützte ihn maßgeblich – zum einen war sie die Versorgerin der Familie – zum anderen leistete sie Übersetzungsarbeiten und Kuriertätigkeiten. Sie war eine Schnittstelle in der Nachrichtenübermittlung. Aufgrund ihrer Tätigkeit am anderen Ende der Stadt konnte sie sich unauffällig in der Stadt bewegen. Mehrfach fanden illegale Treffen in der Wohnung der Siegs in Neukölln statt. Urlaubsreisen nutzte das Paar 1937 und 1939, um illegales Material und Geld nach Berlin zu bringen.

Sophie nahm auch an mehreren illegalen Zusammenkünften an anderen Orten teil und hatte unter anderem Verbindungen zu Adam und Greta Kuckhoff oder Elisabeth Walter. 1940 stellte sie über  Eva-Maria Buch, deren Mutter Erna eine alte Arbeitskollegin von Sophie war, den Kontakt zwischen John Sieg und Wilhelm Guddorf wieder her. Die beiden hatten bis 1933 zusammen bei der Roten Fahne gearbeitet. Zusammen stellten die Paare die „Innere Front“, eine illegale KPD-Schrift, her. John und Wilhelm schrieben Artikel, die Eva und Sophie, abtippten, ins Französische übersetzten und unter ausländischen Zwangsarbeitenden verbreiteten.

Im Verhör durch die Gestapo

Im Zuge der Aufdeckung der Roten Kapelle wurde auch Sophie am 12. Oktober 1942 verhaftet und zunächst in das Polizeigefängnis am Alexanderplatz gebracht. Dort wurde sie mehrfach verhört und wohl auch misshandelt. Sie wurde vor allem zu Johns Verbindungen befragt und nicht zu ihrer eigenen Tätigkeit. Sie konnte glaubhaft machen, nichts zu wissen, weil sie immer bei der Arbeit war. John Sieg wurde auch verhaftet, verhört und gefoltert. Er beging am 15. Oktober Suizid in der Haft. Die anderen, insbesondere Eva-Maria Buch, schwiegen über Sophies Aktivitäten und retteten ihr so vermutlich das Leben.

Danach interessierte sich die Gestapo nicht mehr für Sophie. Im Juni 1943 wurde sie ohne Prozess in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück verbracht und verblieb dort bis kurz vor Kriegsende.  Auch dort leistete sie Widerstand. Auf einem Transport von Ravensbrück nach Bergen-Belsen Ende April 1945 gelang ihr die Flucht. Unmittelbar nach der Befreiung kehrte sie nach Neukölln zurück und arbeitete bis 1946 im Volksbildungsamt in Neukölln. Ab 1949 lebte sie in Oberschöneweide in Ost-Berlin und war zuletzt Leiterin der Bibliothek im Ministerium für Verkehrswesen der DDR. Am 13. Mai 1987 starb Sophie Sieg in Berlin.

  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945.
  • Claudia von Gélieu/Frauentouren: Wegweisende Neuköllnerinnen (Bild 2)
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Neukölln
  • Gert Rosiejka: Die Rote Kapelle. „Landesverrat“ als antifaschistischer Widerstand. ergebnisse
  • VVN-BdA Treptow (Bild 1)