Charlotte Eisenblätter

Mitglied der Naturfreunde und Arbeitersportlerin

Bertha Luise Charlotte Eisenblätter wurde am 7. August 1903 in der Charlottenburger Galvanistraße 10 in eine Arbeiterfamilie hinein geboren. Mit 15 Jahren trat sie der Naturfreunde- und Arbeitersportbewegung bei und nahm an gemeinsamen Wanderungen an den Wochenenden teil. Außerdem fand sie viele Freunde unter den Mitgliedern der Deutschen Kommunistischen Partei.

Nach der Volksschule arbeitete Charlotte Eisenblätter als kaufmännische Angestellte. Als konsequente Gegnerin des NS-Systems hörte sie heimlich Feindsender und las illegale Literatur, bevor sie zur Widerstandsgruppe um Beppo Römer und Robert Uhrig stieß. 1939 war sie bereits erfahrene Untergrundaktivistin. Ihre Aufgabe in der kommunistischen Widerstandsgruppe bestand hauptsächlich in Schreibarbeiten für die Zeitung „Informationsdienst“. Charlotte Eisenblätter nutzte die Möglichkeit als Chefsekretärin in einem großen Betrieb, Flugblätter herzustellen und zu vervielfältigen und so über die unmenschlichen Verbrechen des NS-Regimes zu informieren – worauf damals die Todesstrafe stand. In ihrer Wohnung wurden die Briefe und Flugschriften verfasst und als Feldpostbriefe getarnt an die Ostfront geschickt. Auf ihrer Arbeitsstelle lernte sie den Ringer und Kommunisten Werner Seelenbinder kennen. Zwischen den beiden entwickelte sich in dieser Zeit eine tiefe Freundschaft. Sie besorgte 1941 dem Kommunistenführer Alfred Kowalke Unterkunft und Kontakt zu Seelenbinder und damit Robert Uhrig.

Doch das deutschlandweite Widerstandsnetz wurde verraten und Eisenblätter im Februar 1942 verhaftet und nach Ravensbrück gebracht. Zwei Jahre lang erlebte sie das Grauen im KZ. Während der Verhöre übernahm Eisenblätter die volle Verantwortung für die verbreiteten Flugblätter – wodurch sie das Leben von Martha Butte retten konnte. Am 10. Juli 1944 schließlich wurde Charlotte wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zum Tode verurteilt.

Das Urteil des nationalsozialistischen Volksgerichtshofs lautete: „Wer seinem eigenen Volke im Kriege in den Rücken zu fallen sucht, muß unter allen Umständen damit rechnen, daß er sein Leben verwirkt hat. Dies muß insbesondere auch für die Angeklagte Eisenblätter gelten, die es vermocht hat, im dritten Kriegsjahr eine derart üble und gemeine Hetzschrift zu vervielfältigen, wie es der, Informationsdienst’ gewesen ist. Wenn die Angeklagte Eisenblätter nur das getan hätte, wäre sie schon deswegen allein des Todes würdig.”

Am 25. August 1944 wurde Charlotte Eisenblätter in der Strafanstalt Plötzensee durch das Fallbeil hingerichtet. Ihre Schwester nahm sich selbst das Leben, nachdem sie die Nachricht der Exekution erhielt.

Kurz vor ihrem Tod schrieb Charlotte Eisenblätter einen Abschiedsbrief, in dem sie dazu aufforderte nicht um sie zu trauern:

Meine lieben Freunde und Bekannten!
Am Vortag zu meinem Prozess – heute ist Sonntag – drängt es mich, Euch allen noch einmal zu danken für Eure Güte und Liebe, mit welcher Ihr mich in der Freiheit und besonders in den zwei Jahren meiner Inhaftierung beglückt habt. Diese Liebe und Güte wird mich auch das Schwerste ertragen lassen, denn es besteht kein Zweifel, dass ich ein Todesurteil erhalte.

Ihr sollt deshalb aber nicht trauern, ich habe ein reiches Leben gehabt, wie es viele nicht haben, die 60 Jahre oder noch älter werden. Ich habe so viel glückliche Stunden genossen bei der Arbeit, im Freundeskreis und auf meinen Reisen. So ging mein Kampf letzten Endes nur dahin, allen Menschen zu solchen glücklichen Stunden zu verhelfen. Diese Erkenntnis gewann ich auf meinen vielen Wanderungen und Reisen, und glaubt mir, so sehr ich das Leben liebe, so gerne sterbe ich für diese meine Idee.

Als junges Mädchen fand ich einen Spruch von Plato, den ich mir zum Lebensziel und Inhalt setzte:
Denken, was wahr ist,
und fühlen, was schön,
und wollen, was gut ist,
Darin erkennt der Geist
das Ziel des vernünftigen Lebens.
Nun geht das Leben zu Ende, es ist Schicksal, man entgeht ihm nicht. Darum gedenkt meiner in Liebe und trauert nicht. Ich wünsche Euch Gesundheit, damit Ihr einst am Aufbau unseres Vaterlandes mithelfen könnt. Es umarmt Euch in Liebe und Dankbarkeit
Eure Lotte

Gedenken

Jahre später wurde Charlotte Eisenblätter für ihren antifaschistischen Widerstand geehrt. Seit dem 31. Mai 1951 gibt es eine nach ihr benannte Eisenblätterstraße in Niederschönhausen. Seit dem 12. September 2008 liegt ein Stolperstein vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Goebelstraße 99 in Charlottenburg-Nord. Die Naturfreunde Berlins übernahmen die Patenschaft. Die Naturfreunde Thüringen benannten 2019 das Haus ihrer Landesgeschäftsstelle nach Charlotte Eisenblätter. Am 3. September 1959 erschien in der DDR eine Briefmarke zu ihrem Gedenken und dem der Antifaschistinnen Tilde Klose, Käthe Niederkirchner, Olga Benario-Prestes und Maria Grollmuss als Wohltätigkeitsausgabe zur Erhaltung der Gedenkstätte Ravensbrück.

https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/3906

https://www.berlin.de/ba-charlottenburg-wilmersdorf/ueber-den-bezirk/geschichte/literatur/artikel.223091.php

BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933-1945. Bd. E

Luise Kraushaar: Berliner Kommunisten im Kampf gegen den Faschismus 1936-1942. Robert Uhrig und Genossen. Berlin (Ost) 1981

Luise Kraushaar: Deutsche Widerstandskämpfer. Bd. 1. Berlin (Ost) 1970