Hilde Seigewasser

Sozialdemokratin und Kommunistin, aktiv in der Roten Hilfe

19. September 1906 in Berlin, Ende Februar 1945 im Frauenzuchthaus Cottbus

Hilde Seigewasser

Hilde Pöhlmann war bereits seit ihrer Jugend politisch aktiv und Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ). Bereits dort lernte sie Charlotte Uhrig kennen. Nach dem Besuch der Volksschule und der Handelsschule arbeitete Hilde in verschiedenen Betrieben als Sekretärin. Spätestens 1932 war sie mit Hans Seigewasser (1905-1979), ebenfalls im Widerstand aktiv, verheiratet. Nach 1933 unterstützten Hans und Hilde zusammen politisch Verfolgte und deren Angehörige durch das Sammeln von Lebensmitteln und Geldspenden und bauten eine Gruppe der Roten Hilfe (RHD) in Weißensee auf. Zusammen mit zwei Bekannten war Hilde maßgeblich an der Herausgabe einer illegalen Frauenzeitung der RHD beteiligt.

1935 wurde die Gruppe aufgedeckt und Hans verhaftet, Hildes Tätigkeit blieb dabei unentdeckt und sie weiterhin im Widerstand. Spätestens nach der Inhaftierung von Hans nahm Hilde wieder Kontakt zu ihrer alten Freundin Charlotte auf und schloss Verbindungen zu anderen Widerständigen um den Kreis um Robert Uhrig und Josef Römer. Über ihre Arbeitsstelle im Büro der „Wirtschaftsgruppe Bekleidung“, die für die Beschaffung der Wehrmachtsuniformen zuständig war, beschaffte sie nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs illegale Informationen, die Robert Uhrig an die sowjetische Botschaft und die anderen Alliierten übermitteln konnte.

Über einen alten Freund ihres Ehemanns, Herbert Richter-Luckian, und seine Frau Marie kam Hilde Seigewasser Anfang der 1940er-Jahre auch in Kontakt mit der Widerstandsgruppe „Europäische Union“ und unterstützte sie durch die Vervielfältigung von Flugblättern und als Kurierin, bis sie 1943 mit ihren Freundinnen Charlotte Uhrig und Charlotte Breitbach verhaftet wurde.

„Als im Februar 1942 die staatspolizeilichen Maßnahmen gegen die unter Leitung des Robert Uhrig stehende kommunistische Gruppe und die Festnahme der Funktionäre, darunter auch des Ehemannes der Angeschuldigten Breitbach, einsetzte, beschlossen die Angeschuldigten Seigewasser, Uhrig und Hinz (…) eine Art Unterstützungsleistung unter sich und ihren bekannten Gesinnungsgenossen nach Art der „Roten Hilfe“ einzuleiten und unter Leitung der Angeschuldigten Seigewasser einen Fonds zu bilden, aus dem die Angehörigen der Verhafteten unterstützt werden könnten. Die Angeschuldigte Seigewasser und ebenso die Angeschuldigte Uhrig spendeten dafür monatlich 5 RM. (…)

Im Juli wurde die Angeschuldigte Seigewasser von Richter über das Bestehen und die Ziele der Europäischen Union unterrichtet. Richter wies hierbei darauf hin, dass die Organisation Beziehungen zu ausländischen Arbeitern unterhalte (…), dass die Organisation ein Sammelbecken linksgerichteter politischer Kräfte zur Übernahme der Macht bei dem erwarteten Zusammenbruch Deutschlands darstellte, und (…) dass Richter und seine Gesinnungsgenossen regelmäßig Zusammenkünfte hatten. Durch Richter lernte sie auch die weiteren Funktionäre der EU, Havemann, Groscurth und Rentsch kennen.“

Aus der Anklageschrift vom 8. Februar 1944

Während Charlotte Uhrig und Charlotte Breitbach freigesprochen wurden, wurde Hilde Seigewasser zu 2,5 Jahren Haft verurteilt und im Zuchthaus Cottbus inhaftiert. Im Februar 1945 kam sie bei Bombentreffern auf das Zuchthaus ums Leben. Statt sich in Sicherheit zu bringen, half sie den Wärterinnen, die Zellentüren zu öffnen und rettete dadurch mehreren Mithäftlingen das Leben.

  • BVVdN (Hrsg.): Widerstand in Berlin 1933 – 1945
  • Luise Kraushaar: Berliner Kommunisten im Kampf gegen den Faschismus 1936-1942. Ost-Berlin 1981 (Bild)
  • Hans-Litten-Archiv: Gedenkdemo für die Antifaschistin Frieda Seidlitz
  • Hans Rainer Sandvoß: Die andere Reichshautstadt. Widerstand aus der Arbeiterbewegung in Berlin von 1933-1945. Berlin 2007
  • Hans-Rainer Sandvoß: Widerstand in Prenzlauer Berg und Weißensee
  • BArch, NJ 13326, S. 18f. der Anlageschrift. Zit. Nach Hans-Rainer Sanvoß, S S. 250f (Zitat)
  • Biler unten: Bundesarchiv